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AutorenbildDr. Stefan Adams

Sind Versicherungsmakler-Firmen nur noch die Hälfte Wert?

erschienen: VersicherungsJournal, August 2013


Laut einem Pressebericht sind die Preise für Vermittlungsunternehmen stark unter Druck geraten. Unternehmensmakler Dr. Stefan Adams sowie die Berater Marlene Jung und Christian Lüth geben eine differenzierte Einschätzung der Marktlage.

„Maklerunternehmen sind nur noch die Hälfte wert“ betitelte „Fonds professionell online“ kürzlich einen Artikel. Das sei eine alarmierende Nachricht für Makler, die einen Nachfolger suchen oder ihr Unternehmen aus anderen Gründen verkaufen möchten.

Der Informationsdienst beruft sich bei dieser Alarmmeldung auf eine Stellungnahme von Britta und Knut Einfeldt, Geschäftsführer der Tutor-Consult GmbH: „Während vor einigen Jahren Maklerbestände vergleichsweise problemlos zum drei- und mehrfachen Wert der Jahrescourtage an einen Nachfolger übergeben werden konnten, haben heute viele Makler schon Schwierigkeiten, auch nur den zweifachen Wert zu erzielen."

Als „wesentliche Auslöser und Treiber“ für diese Tendenz wird eine „geringere Anzahl jüngerer Marktteilnehmer“ genannt. Des Weiteren wird angeführt, aus der Überalterung der deutschen Versicherungsmaklerschaft zögen nur wenige Marktteilnehmer Konsequenzen. Hinzu kämen Warnungen von Juristen, wegen des Datenschutzes keine Kundenbestände zu übernehmen.


Bestandsgröße ist nicht mehr das Entscheidende

Für die Kaufs- bzw. Verkaufspreisfindung haben sich nach Aussagen der beiden Unternehmensberater die Bewertungskriterien professionalisiert.

Branchenüblich habe der Versicherungsmakler unter seiner Unternehmensnachfolge immer den Verkauf des von ihm betreuten Bestands verstanden. Mittlerweile werde zunehmend nicht mehr der Bestand, sondern das Maklerunternehmen als Ganzes übergeben.

Daraus ziehen Britta und Knut Einfeldt in dem Artikel als Fazit: „Wie in vielen anderen Branchen schon immer wird der Wert des Maklerunternehmens zukünftig weniger durch den Umsatz, also die Courtage, als vielmehr durch ein Mehrfaches des um Finanzergebnis und Steuern bereinigten, nachhaltigen Ergebnisses bestimmt."


Käufer scheuen das Risiko

Auch nach Einschätzung von Dr. Stefan Adams, Geschäftsführer der Dr. Adams & Associates GmbH & Co. KG, tritt die rein umsatzorientierte Betrachtung bei der Bewertung von Maklerunternehmen in den Hintergrund. Sie habe sich zu einer immer tiefer gehenden betriebswirtschaftlich fundierten Bewertungssystematik entwickelt, so Adams.

Als einen der Gründe für diesen Wandel nennt der Unternehmensmakler eine „durch zahlreiche Finanz- und Wirtschaftskrisen begründete Risikoaversion bei Käufern“. Als Risikofaktoren nennt Adams einen heute eher schleppenden Verkauf im Personenversicherungs-Geschäft, gegebenenfalls in den kommenden Jahren der Wegfall von Abschlussprovisionen und/oder umfängliche Einführung der Honorarberatung sowie weitere Reglementierungen durch den Gesetzgeber.


Erwerb muss sich schnell amortisieren

Als weiteren Grund führt Adams an, dass die Erwerber tendenziell immer kürzere Amortisationszeiten realisieren wollen beziehungsweise finanzierungsbedingt zu müssen. „Diese Käufer werden bei Bank-Finanzierungen auf Businesspläne mit in der Regel maximal sieben bis acht Jahren Amortisationszeit von den Banken festgelegt“, erklärt Adams.

Als Beispiel nennt er den Erwerb zum vierfachen des Jahresüberschusses. Der würde sich bei einer vollständigen Finanzierung zu einem Zinssatz von fünf Prozent und bei einer Steuerquote von 25 Prozent für eine Kapitalgesellschaft nach 5,8 Jahren amortisieren. Bei einer Personengesellschaft mit einer Abschreibung über 15 Jahre wäre der Kaufpreis nach 5,4 Jahren erwirtschaftet.

Bei einem Kauf zum fünffachen Jahresüberschuss sind bei diesem Szenario voraussichtlich zwischen sechseinhalb und siebeneinhalb Jahren Amortisationszeit zu veranschlagen.


Was aktuell gezahlt wird

Als derzeitigen Marktwert von Versicherungsmakler-Firmen nennt Adams durchschnittlich das vier- bis 5,75-fache des EBIT. Die Höhe sei abhängig von zahlreichen präzise darzustellenden Qualitätskomponenten des zu verkaufenden Unternehmens.

Ergänzend gibt Adams auch eine am Umsatz gemessene Einschätzung: „Bezogen auf die Bestandsfaktoren der wiederkehrenden Courtagen lässt sich eine Kaufpreisbandbreite von circa 1,0 (bei niedrigem Gewinn) bis zu 6,5 (bei außergewöhnlich positiver Gewinnsituation) über die letzten Jahre nachweisen."


Unterschiedliche Einschätzungen zum Preisniveau

Maklerberaterin Marlene Jung sieht das Preisniveau tendenziell niedriger: „Es gibt Bewertungen von Versicherungsbeständen, die bei der dreifachen Jahrescourtage liegen, allerdings auch bei maximal einer Jahrescourtage, oder sogar darunter.“

Von Kaufpreisformeln hält sie wenig: „Ich habe mich immer von diesen Richtlinien distanziert, denn jeder Bestand ist anders aufgestellt. Nach wie vor gilt beim Kauf/Verkauf von Versicherungsbeständen Angebot und Nachfrage.“


Junge Makler wollen zukaufen

Nach Einschätzung von Marlene Jung sind Bestände nach wie vor gefragt. Der Zukauf sei immer günstiger, da der eigenständige Aufbau eines Versicherungsbestandes in jeder Hinsicht teurer sei. Allerdings landeten Käufe unter dem Aspekt des Renditezukaufs zu mindestens 95 Prozent vor Gericht: „Man muss wissen, dass man sich Arbeit kauft.“

Adams sieht einen „signifikant spürbaren Anstieg der Nachfrage jüngerer Maklerunternehmen, die über Zukäufe anorganisches Wachstum generieren wollen beziehungsweise aufgrund der Kostenentwicklung im eigenen Unternehmen hierzu gezwungen sind.“

Auch wenn sich die Rahmenbedingungen für Versicherungsvermittler in vielen Bereichen verschlechtert hätten, gibt es nach Einschätzung Lüth eine hohe Nachfrage zur Übernahme von Maklerunternehmen und -beständen. Gründe seien ein stark ausgeprägter Verdrängungswettbewerb und der Wunsch nach schnellem Wachstum.

Zusätzlich wirke sich die derzeitige Zinssituation stabilisierend auf das Kaufpreisgefüge aus, ergänzt der Beratungsunternehmer.


Braut sollte verschönert werden

Für Adams steht fest, dass Unternehmen mit nachhaltig positiver Gewinnsituation attraktive Verkaufspreise realisieren könnten. Betrieben mit schwacher Ertragskraft empfiehlt der Unternehmensmakler, sich ein bis drei Jahre vor dem geplanten Verkauf einem Fitness-Programm zum sogenannten „Brautverschönern" zu unterziehen.

Perspektivisch sieht auch Lüth den Markt: „Zukünftig ist damit zu rechnen, dass aufgrund der Wettbewerbssituation das Verkaufsangebot, insbesondere von kleineren Maklerunternehmen mit bis zu 500.000 Euro Jahresumsatz, zunehmen wird.“ Der Trend, stärker die Ertragskraft zu betrachten, setze vor allem diese kleineren Unternehmen unter Druck.

„Makler, die in den nächsten fünf bis zehn Jahren ohnehin verkaufen möchten, sollten überdenken, ob Sie diesen Schritt zeitlich vorziehen“, rät Lüth.



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